Die Zukunft der Gesellschaft:
"Sozial-ökologisch gerecht"

- Veränderung in unruhigen Zeiten

Aktion zu dem Thema
"Mini-Job bringt Mini-Rente"

am 24. März auf dem Marktplatz von Tauberbischofsheim

Tauberbischofsheim 08.03.23.Endlich konnten sich dieser Tage Vertreter von Gewerkschaften und Kirche wieder zu ihrem traditionellen Tagesseminar im Hotel „Das Bischof“ treffen. Die Corona-Pandemie hat zu 2 Jahren zwangspause geführt.  Seit über 4 Jahrzehnten führen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und die Katholische Arbeitnehmerseelsorge im Main-Tauber-Kreis ein gemeinsames Seminar zu einem aktuellen sozial- oder gesellschaftspolitischen Thema durch.

Silke Ortwein, DGB Regionsgeschäftsführerin, und Uwe Terhorst, Referent für Arbeitnehmerseelsorge, hatten dieses Seminar zum wiederholten Mal gemeinsam organisiert. Neben Silke Ortwein und dem KAB Diözesanpräses der Erzdiözese Freiburg, Pfarrer Friedbert Böser, blickten zwei Referenten auf Veränderungen die trotz anhaltender Krisen angepackt werden und vorangetrieben werden müssen.

Ausbildung stärken

Silke Ortwein, seit Sommer 2022 DGB-Regionsgeschäftsführerin Heilbronn-Franken, betonte, das „die Klimakrise erfordere ein grundsätzliches Nachdenken über Arbeit und Wirtschaft im globalen Maßstab genauso wie im stark industriell geprägten Baden-Württemberg. Als Gewerkschaften setzen wir uns klar für mehr Klimaschutz ein.“ Die ökologische Herausforderung kann aus ihrer Sicht nur gelöst werden, wenn die soziale Dimension immer mitgedacht wird. Versuchen Arbeit gegen Umwelt auszuspielen erteilen die Gewerkschaften eine klare Absage. Eine Deindustrialisierung diene weder der Umwelt noch den Beschäftigten. Silke Ortwein ist sich sicher: „Der richtige Weg ist der Umbau des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg hin zu klimaneutralen Produktionsverfahren und Produkten.“

„Um beim Fachkräftemangel nicht vom Spielfeldrand zuzuschauen, braucht es jetzt entschlossenes Handeln der Landesregierung. Weiterbildung und Qualifizierung müssen stärker unterstützt werden. Im Koalitionsvertrag hat Grün-Schwarz versprochen, Baden-Württemberg zum Musterland für gute Arbeit zu machen. Davon sind wir zwei Jahre nach der Landtagswahl noch ein gutes Stück entfernt“, so Silke Ortwein.

Vor dem Hintergrund, dass auch einige jüngere Teilnehmer anwesend waren, richtete Ortwein den Blick auf die jüngere Generation. Der Schlüssel zur Gewinnung von Fachkräften liege auch bei der jungen Generation. Viel zu lang habe es sich unsere Gesellschaft geleistet, junge Menschen in den Schulen auszusieben und von einer qualifizierten Tätigkeit auszuschließen. Dieser Ansatz ist aus ihrer Sicht gesellschaftlich gescheitert. Sie verweist darauf, dass nur noch die Hälfte aller Betriebe in Baden-Württemberg überhaupt ausbildungsberechtigt sei und lediglich jeder fünfte Betrieb im Lande noch au bilde. „Dies muss sich rasch ändern“, betonte die engagierte Rednerin Silke Ortwein.

Soziale Gerechtigkeit in
Gesellschaft und Arbeitswelt

KAB Diözesanpräses Friedbert Böser aus Moosbronn, setzte sich zunächst mit der Frage auseinander, was eigentlich gerecht oder ungerecht ist? Weiter stellte er die Frage wann etwas ‚sozial‘ oder wann etwas ‚asozial‘ ist.

Eine Antwort bietet die Katholische Soziallehre, die von folgenden Grund-Sätzen ausgeht:

  • Der Mensch – von Gott geschaffen als Mann und Frau – ist Abbild Gottes (Gen 1). Daraus folgt: Jeder Mensch hat eine unverlierbare und unveräußerliche Würde.
  • Jesus von Nazareth hat verkündet und vorgelebt: Alle Menschen sind Schwestern und Brüder. Im ‚Vater Unser‘ beten wir zu unserem gemeinsamen Vater im Himmel. Jesus hat die vielen religiösen Gebote, die sich im Laufe der Jahrhunderte verselbständigt hatten, wieder auf ihren eigentlichen Kern zurückgeführt: Gott liebt ALLE Menschen. Alles Leben kommt von Gott und verdankt sich ihm.

Daraus folgert die Katholische Soziallehre: Der Mensch darf nicht ‚unter die Räder kommen‘. Die erste Sozialenzyklika der Kirchengeschichte, ‚Rerum novarum‘ von Papst Leo XIII (1891) stellt fest: Aus dem Produktionsprozeß in den Fabriken geht die tote Materie veredelt hervor – während der lebendige Mensch verelendet. Deshalb fordert der Papst Maßnahmen zum Arbeitsschutz ein.

Der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI hat in seiner Enzyklika ‚Caritas in veritate‘ (2009) darauf bestanden, dass es auch im Wirtschaftsleben keine ‚verantwortungsfreien Räume‘ gibt. In jeder Phase des Wirtschaftens soll es gerecht zugehen. Wenn diese Forderung erfüllt werden würde, dann bräuchte es keine Umverteilung und keine Entwicklungshilfe. Ziel allen Wirtschaftens ist das Gemeinwohl.

Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika ‚Laudato si‘ (2015) erneut darauf hingewiesen, dass nach der Lehre der Kirche die Güter dieser Erde ALLEN Menschen zugutekommen sollen. Deshalb ist der Privatbesitz kein absolutes Recht, sondern muss seine gottgewollte ‚soziale Funktion‘ erfüllen. Zu diesen ‚Gütern‘ gehört auch die Umwelt. Papst Franziskus formuliert sehr deutlich: ‚Die Umwelt ist ein kollektives Gut, ein Erbe der gesamten Menschheit und eine Verantwortung für alle. Wenn sich jemand etwas aneignet, dann nur, um es zum Wohl aller zu verwalten. Wenn wir das nicht tun, belasten wir unser Gewissen damit, die Existenz der anderen zu leugnen. Deshalb haben die Bischöfe von Neuseeland sich gefragt, was das Gebot ‚du sollst nicht töten‘ bedeutet, wenn ‚zwanzig Prozent der Weltbevölkerung Ressourcen in solchem Maß verbrauchen, dass sie den armen Nationen und den kommenden Generationen das rauben, was diese zum Überleben brauchen‘.

Schließlich stellte der Friedbert Böser die Fragen was zu tun sei? Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer formuliert die Antwort so: Beten – und Tun des Gerechten. Beten ist nicht jedermanns Sache. In unserer Gesellschaft gilt es als ‚Privatsache‘. Beten bedeutet eigentlich, Gott als Autorität über mir zu akzeptieren. Wenn ich bete, dann wird mir deutlich: Es ist nicht gleichgültig, wie ich mich im Alltag verhalte.

Aktionstag auf dem
Marktplatz Tauberbischofsheim

Nach einer engagierten Diskussion steht fest, dass das Thema einer gerechten Gesellschaft uns auch in Zukunft begleiten wird. So betonten die Initiatoren der Tagung Silke Ortwein und Uwe Terhorst: „Wir erleben bei unseren Begegnungen in Betrieben einen massiven Umbau in der Wirtschaft und Arbeitswelt. Dies habe Auswirkungen auf die Beschäftigten und die Gesellschaft. Wir erleben aber auch, dass es sich lohnt, sich für gute Arbeitsbedingungen eine auskömmliche Entlohnung einzusetzen.“ Deshalb steht der diesjährige Aktionstag unter dem Motto: “Mini-Job bringt Mini-Rente”.

Für die Richtigkeit

Mannheim, 08.03.2023 Uwe Terhorst

Am Freitag, 24. März 2023 planen DGB, KAB und Arbeitnehmerseelsorge dies zum Thema einer gemeinsamen Aktion von 9.00-13.00 Uhr auf dem Tauberbischofsheimer Marktplatz zu machen.