Mannheimer Morgen, 09.03.2023
Die Gewerkschaft ver.di als Vertretung der Interessen der Beschäftigten im Einzelhandel, der Deutsche Gewerkschaftsbund, sowie die Arbeitnehmerorganisationen der beiden christlichen Kirchen KAB und KDA haben zur Kenntnis genommen, dass sich der Hauptausschuss am Dienstag in der schwierigen Frage einer dreimaligen Sonntagsöffnung des Einzelhandels in der Mannheimer Innenstadt nicht einigen konnte.
Die Position von ver.di, DGB und kirchlichen Arbeitnehmervertretern ist eindeutig: Der Sonntag muss arbeitsfrei bleiben. Er ist für die meisten Beschäftigten im Einzelhandel der einzige planbare freie Tag in der Woche. Der einzige Tag für Erholung, Familie, Freizeit und Hobbies. Das ist auch gesetzlich verbrieft und nur in Ausnahmefällen kann daran gerüttelt werden.
Selbstverständlich tragen sie die Mitverantwortung dafür, dass die Mannheimer Innenstadt attraktiv für die Menschen aus der Stadt und dem Umland ist und diese gerne zum Einkaufen dorthin kommen – gerade in Zeiten des Onlinehandels kein einfaches Thema.
Und auch die Beschäftigten sind darauf angewiesen, dass auch künftig zahlreiche Menschen in die Mannheimer Einzelhandelsgeschäfte kommen, sich dort gut und umfassend beraten lassen und am Ende auch hier kaufen.
Gleichzeitig sind die Gemeinderäte aber auch dafür verantwortlich, dass die Beschäftigten ihr Recht auf Erholung wahrnehmen können. Nicht erst in der Pandemie zeigten sich die Beschäftigten des Einzelhandels stets flexibel und zu vielen, auch harten Kompromissen bereit. Nicht immer wurden sie dabei überhaupt gefragt und nicht wenige haben während der Lockdowns und Schließungen auch finanzielle Einbußen oder schlimmeres hinnehmen müssen.
Deshalb wird bei Gewerkschaften und den Arbeitnehmerorganisationen der Kirchen jetzt nicht verstanden, weshalb drei verkaufsoffene Sonntage die schwierige Situation im innerstädtischen Einzelhandel verbessern sollten. Schauen wir auf die Fakten: Die Inflation hinterlässt viele Menschen mit Geldsorgen; sie werden kaum Lust verspüren, mehr Geld als nötig auszugeben, nur weil drumherum ein Event stattfindet. Auch konnte bislang nicht festgestellt werden, dass verkaufsoffene Sonntage mehr Umsatz bringen. Sonntagsverkäufe verschieben lediglich den Umsatz von Werktagen auf den Sonntag. Denn nur weil länger geöffnet ist, können die Menschen nicht mehr Geld ausgeben.
Als Teil der Allianz für den freien Sonntag appellieren wir an die Gemeinderätinnen und -räte, bei Ihrer Abstimmung am kommenden Dienstag genau zu überlegen, ob es nicht bessere Konzepte für eine attraktive Innenstadt gibt, als verkaufsoffene Sonntage.
Sabine Möller, zuständige Gewerkschaftssekretärin von ver.di Rhein-Neckar erklärt: „Ich möchte daran erinnern, dass die gesetzlichen Spielräume für eine Sonntagsöffnung mit Absicht sehr eng gesteckt sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Gericht die Begründung einer Kommune prüft und verwirft, also den verkaufsoffenen Sonntag nicht gestattet.“
Lars Treusch, Geschäftsführer beim DGB Nordbaden ergänzt: „Um es deutlich zu sagen: Es geht nicht darum, den Menschen den Spaß am Shoppen zu verderben, sondern demokratisch festgesetzte Spielregeln, die dem Schutz der Beschäftigten dienen, durchzusetzen. Das ist unsere Aufgabe als Gewerkschaften.“
Zusammenfassend halten Maximilian Heßlein (KDA) und Ulf Bergemann (KAB) fest: „Uns liegt an einer lebendigen, einladenden und kulturell spannenden Innenstadt. Daher begrüßen wir die Initiative, mit den geplanten Veranstaltungen Menschen in die Innenstadt zu locken, damit Werbung für die Attraktivität Mannheims zu machen und die Stadt nachhaltig weiterzuentwickeln. Es wird deutlich werden: Mannheim versteht es, das Leben in vielen Facetten zu feiern. Dieser Werbung für die ganze Stadt und der Feier des Lebens steht die Sonntagsöffnung der Läden des Einzelhandels vollständig entgegen. Sie zieht die Aufmerksamkeit von den Veranstaltungen ab, schließt die Beschäftigten im Einzelhandel aus und bürdet ihnen auch noch die Lasten der Arbeit am einzigen Tag der Woche auf, der keinem kurzfristigen ökonomischen Zweck dienen soll. Der Sonntag ist ein Feiertag. Da der Einzelhandel mit einem Anteil von über zwei Drittel der Beschäftigten weiblich ist, tragen wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen auch hier Frauen die Hauptlast. Das Leben aber sollen und können wir nur gemeinsam feiern.“